Positionsbaum
Alle Schachprogramme rechnen in der Anfangsphase einer Partie nicht selbst, sondern rufen ihre Züge aus einer vorgespeicherten Datei, der sogenannten Eröffnungsbibliothek ab. Mit Hilfe des Eröffnungsbuches spielt das Schachprogramm im Idealfall Züge aus, die sich in der Turnierpraxis bewährt haben. Die Vorzüge sind klar: der Computer spart erheblich Bedenkzeit ein, weil er die Züge nicht berechnen muß und vermeidet gleichzeitig grobe strategische Fehler in der Eröffnung.
In unseren Schachprogrammen liegt die Bibliothek in Form eines Positionsbaums vor, bei dem alle gespeicherten Züge miteinander verknüpft sind. Die Besonderheit des Positionsbaums besteht vor allem darin, dass zu jedem Zug eine Vielzahl wichtiger Informationen gespeichert ist. Mit Hilfe dieses Konzeptes ist es z.B. überhaupt kein Problem herauszufinden, wie häufig ein bestimmter Zug gespielt wurde, welche Erfolgsquote damit für den An- oder Nachziehenden zu erwarten ist oder in welchem Zeitraum eine bestimmte Fortsetzung besonders häufig angewandt wurde. Im Grunde genommen fungiert ein gut gepflegter Positionsbaum nicht nur als Bibliothek, sondern gleichzeitig als Datenbank zur Einschätzung und Bewertung von allen möglichen Fragen, die im Zusammenhang mit der Eröffnungstheorie auftreten können. Die Vorzüge des Konzeptes sind signifikant:
• | Der Anwender kann sich schnell und gezielt auf eine bestimmte Eröffnungsvariante vorbereiten und alle bisher in dieser Variante gespielten Züge auf ihre Tauglichkeit untersuchen. Ausserdem erkennt er auf ”einen Blick”, wo die bisher bekannte Theorie zu Ende ist und muss dazu nicht erst diverse Schachbücher oder elektronische Partiedatenbanken durchstöbern. Da der Positionsbaum von dem Schachprogramm gleichzeitig als Eröffnungsbuch benutzt wird, besteht die Möglichkeit, die neu gewonnenen Kenntnisse direkt gegen den Computer auszuprobieren und zu trainieren. |
• | Die Schachprogramme nutzen die informationen aus dem Positionsbaum kreativ. Wenn es zum Beispiel in einer gegebenen Stellung zwei Züge zur Auswahl gibt, von denen der eine dreimal gespielt worden ist und mit dem die Partie auch dreimal verloren wurde, der andere jedoch nach 100 Partien eine Quote von 60% hat, wird das Programm diese Information entsprechend interpretieren und den erfolgversprechenderen Zug ausspielen. Ein weiterer Vorzug des Konzeptes besteht darin, dass der Anwender das Ausspielverhalten in der Eröffnung besser beeinflussen und kontrollieren kann. Durch eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten kann man fast stufenlos bestimmen, ob das Programm nur die besten Züge spielen soll oder aber abwechslungsreicher auch einmal potenziell schlechtere Züge wählen soll. Weiterhin kann man die Präferenzen auf die Hauptvarianten oder die Nebenvarianten beschränken. |
• | Ein weiterer Vorzug des Positionsbaumkonzeptes besteht darin, dass man den Baum leicht durch den Import aktueller Partien ergänzen und aktualisieren kann. Dadurch ist gewährleistet, dass die Bibliothek in eröffnungstheoretischer Hinsicht immer auf dem aktuellsten Stand bleibt. |
Siehe auch Livebuch ....